Ingrid Loschek

Aus: Hartmut Roder, LWL-Museum für Archäologie, westfälisches Landesmuseum Herne, Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Überseemuseum Bremen (Hg.): schuhtick. Von kalten Füßen und heißen Sohlen. Mainz 2008. ISBN 978-3-8053-3938-4

 

Schuh-Ikonen - Von High Heels zu Birkenstock

 

Wie kein anderes Accessoire vermögen Schuhe die Ästhetik einer Kleidung sowie ihre Aussage und Stimmung zu unterstreichen, oder aber vollkommen zu verändern. Ein schwarzes Kleid ist ein „anderes“ schwarzes Kleid, ob es mit damenhaften Stöckelschuhen, mit jugendlichen Ballerinas, mit sportlichen Joggingschuhen, mit aggressiven DocMartens oder mit sommerlichen FlipFlops getragen wird. Kleidung (einschließlich Fußbekleidung) verweist immer auf etwas Außer-Vestimentäres, wie Körper, Erotik, Gefühle, Anlass, Musik oder Codes. Jedoch nicht dem Objekt an und für sich gilt die ikonische Verehrung, sondern der Idee dahinter, der Aura oder dem Irrationalen. Ein Grund, weshalb Schuhe sowohl des Luxusgenre, als auch vergleichsweise Billigprodukte, wie Sneakers, Birkenstocks und sogar FlipFlops zu Ikonen[i] der Fußbekleidung werden. Kultschuhe sind materialisierte Träume: Träume von Freiheit, von Luxus, von Durchhaltevermögen, von Siegen. Auf dieser Ebene stellen Kultschuhe eine emotionale Bindung zwischen Betrachter/in und Träger/in her. Menschen der Konsumgesellschaft kaufen Gefühle: Kultschuhe sind Objekte emotionaler Begierde.

(……)

Gabrielle Chanel  war gegen hochhackige Schuhe, da sie Frauen zu hilflosen Püppchen machen. Zu ihrem Chanel-Kostüm, das für die Frau mit beruflicher Karriere ein Pendant zum männlichen Sakko-Anzug darstellen sollte, passte ein eleganter Schuh mit nur moderatem Absatz. Chanel erdachte daher eine alternative Attraktivität, vor allem auch um dem Schönheitsideal kleiner Füße gerecht zu werden: den Two Tone-Schuh, den sie der Herrenmode entlehnte und der ebenfalls zu einer Ikone unter den Schuhen wurde. In Cremefarben mit Schwarz kombiniert – Schwarz waren Schuhkappe und Schuhrahmen, waren diese wesentlich Schmutz unempfindlicher. Chanel selbst hatte ästhetische Gründe: „Die schwarze Spitze verkürzt den Fuß und das Beige verlängert das Bein“, soll sie ihrem Schuhmacher Raymond Massaro erklärt haben.

(……)

Es ist ihre Unverwechselbarkeit, die Schuhe zu Ikonen macht. Jeder Kultschuh gibt die Sicherheit, sich bewährt zu haben, sei es für gesellschaftliche Anlässe, im Beruf, für Freizeit oder Sport. Durch ihren untrüglichen Wiedererkennungswert werden Gebrauchsartikel zu Kultobjekten und eignen sich dadurch weitaus effizienter zum Ausdruck der sozialen Stellung oder einer emotionalen Befindlichkeit als rasch wechselnde Moden.

 

 



[i] Von griechisch εικόνα, ikóna: Ab-Bild.